Knatterkisten mit drei PS mischen Lüftelberg auf

Von Pia Berger-Bügel

Meckenheim-Lüftelberg. 2,5 Liter auf 100 Kilometer, kein Ärger mit der Kupplung, nie geht der Anlasser kaputt, Getriebeschaden ist ein Fremdwort. Ob Motorfan oder Laie: Der Anblick der blankpolierten und liebevoll gepflegten Motorräder mit Baujahr vor 1914, die sich am Sonntag bei herrlichem Wetter im Garten der Lüftelberger Pension "Tante Lotti" versammelt haben, weckt bei den rund 100 Besuchern nostalgische Gefühle.


Die 2-PS-Peugeot von 1903 ist der Stolz von Gerard de Bruyne. Foto: Roland Kohls

Am Morgen hatte der Meckenheimer Bürgermeister Bert Spilles den Startschuss für die 3. Internationale Pionierfahrt im Rheinland gegeben. Die 30 Teilnehmer mussten tief Luft holen, um ihre - im wahrsten Sinne des Wortes - Knatterkisten mit Muskelkraft in Gang zu setzen.

"Das Fahrrad ist noch sehr nah", beschreibt Jürgen Hammerschlag-Mäsgen (49), Organisator und selbst leidenschaftlicher Sammler und Motorradbastler, das Aussehen der ersten motorisierten Kleingefährte mit Baujahr zwischen 1902 und 1914. Allen Teilnehmern, die aus Deutschland, Belgien und den Niederlanden kommen, ist gemeinsam, dass sie als Tüftler und Bastler den Ehrgeiz haben, ihre historischen Mobile zum Fahren zu bringen.

Das erkennt auch der Laie schnell an den ölverschmierten Händen. So wird auch in der Mittagspause bei Tante Lotti jede Gelegenheit zum Fachsimpeln genutzt. Die Szene der Uraltsammler ist recht klein und reicht vom Akademiker bis zum Handwerker. Die Bandbreite des Erfindungsreichtums zeigt auch Jürgen Hammerschlag-Mäsgen, der mangels Befestigungsmöglichkeit des Nummernschildes an seiner 1905er Griffon mit 3,5 PS das Blechschild kurzerhand an der Jacke montiert hat.

Rudy Leblon hat ein besonderes Schätzchen mitgebracht: ein an eine Kutsche erinnerndes La Nef La Croix, Baujahr 1902. Um sein Tricycle mit 1 000 Kubik zu starten, braucht Leblon zwei Leute und vier Hände, während er eine ganze Reihe von Hebeln und Schaltern betätigen muss. Viel Zeit bleibt dem Belgier, der hauptberuflich Rennmotoren herstellt, nicht, um an solchen Veranstaltungen teilzunehmen, doch die Sammelleidenschaft hat ihn und seine Frau gepackt, die beiden nennen über 25 Oldtimer auf zwei Rädern ihr Eigen.

Auch das Fahren erfordert ein hohes Mass an Handarbeit, denn während der Fahrt muss alle 20 Kilometer die Handölpumpe betätigt werden, damit der Motor sauber weiterläuft. Die Strecken an diesem Wochenende sind sorgfältig ausgetüftelt, da an jeder Ampel der Motor ausgeht und sobald es bergiger wird, müssen die Fahrer zusätzlich zu den ein bis sechs PS Motorleistung in die Pedale treten.

Immerhin erreichen die meisten Fahrzeuge eine Spitzengeschwindigkeit von 25 bis 30 Stundenkilometern, einige sogar bis zu 60 km/h. "Allerdings ist das Bremsen ein Problem", so Jürgen Hammerschlag-Mäsgen. Obwohl der ein oder andere einen kurzen Zwischenstopp einlegen musste, um sein Motorrad wieder flott zu machen, haben die meisten der Teilnehmer schon angekündigt, dass sie in zwei Jahren wieder nach Lüftelberg zu "Tante Lotti" kommen wollen.

Artikel vom 07.09.2010